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Darts: Ein mentales Spiel...

Gerwyn Price ist erster Weltmeister im Sportjahr 2021. Nach einer über weite Strecken überragenden Finalleistung gegen Kevin Anderson holt er sich zum ersten Mal den Weltmeistertitel und ist gleichzeitig auch die neue Nummer 1 in der Weltrangliste. Nach einer starken Saison zählte der ehemalige Rugby-Profi zum engsten Favoritenkreis, jedoch war der Turniereinstieg äusserst mühevoll. Bereits in seinem ersten Spiel musste er über die volle Distanz gehen. Doch in der entscheidenden Phase konnte der in der Szene als "Iceman" bekannte 35-jährige Waliser zulegen und seinem Nicknamen alle Ehre machen. Auch in den Folgerunden ein ähnliches Spiel. Price spielte wahrlich nicht auf seinem höchsten Niveau, doch in den entscheidenden Phasen behielt er kühlen Kopf und nutzte eiskalt seine Chancen. 

 

Wenn wir den Profis zusehen ist die Präzision atemberaubend. Die "Triple-20" wird in Serie getroffen, die höchste Aufnahme, eine 180, sehen wir sehr häufig. Doch auffallend ist auch: Wenn es in die entscheidende Phase geht, Darts anstehen um ein Leg, einen Satz oder gar das Match zu gewinnen, zeigen auch die Profis Ungenauigkeiten, beginnen zu zweifeln und hadern mit sich selbst. Es ist augenfällig: dem mentalen Bereich kommt im Darts eine riesige Bedeutung zu. Max Hopp, deutscher Spitzenspieler und WM-Teillnehmer, schätzt den Anteil des mentalen Faktors auf gegen 70%. Wer die Weltmeisterschaft im Londoner Alexander Palace kann das nur bestätigen. Es gab dramatische Wendungen und Einbrüche und auch das Finale zeigte die ganze Palette...

 

Im Gegensatz zu einigen anderen Partien im WM-Verlauf war Gerwyn Price von Beginn an hervorragend im Spiel. Das "Scoring" war von Beginn an auf Weltklasse-Niveau mit einer durchschnittlichen Aufnahme von weit über 100 Punkten. Besonders beeindruckend war jedoch die "Check-Quote". Mit traumwandlerischer Sicherheit fanden die Darts von Price den Weg in die Doppel-Felder, um ein "Leg" zu gewinnen. In einer späten Phase hatte er eine Quote von sagenhaften 80%. Über 50% ist bereits hervorragend, 80% über eine solch lange Spieldauer ist fast schon von einem anderen Planeten. Und so schien Gerwyn Price seinem ersten WM-Titel fokussiert und mit grossem Selbstvertrauen entgegenzufliegen. Kevin Anderson konnte mit diesem Niveau nicht mitgehen. Price führte mit 5:1 Sätzen, dann mit 6:2 Sätzen und brauchte nur noch einen einzigen Satz.  Auch in Satz 9 geht Price mit 2:0 in Führung und braucht nur noch ein einziges Leg für den Titel. Wenig später hat Price zwei Match-Darts auf die Doppel 20 - doch plötzlich ist alles anders....die Präzision ist weg, Unruhe kommt auf, Kopf schütteln, die Gesichtszüge werden verkrampfter. Die Matchdarts sind weg, weitere Chancen folgen, doch seine Darts finden nicht mehr den Weg in die Doppel-Felder. Anderson holt sich Satz 9, der Weg wird für Price wieder weiter. Turbulent auch Satz 10. Price ist angeschlagen, hält das Scoringe hoch, doch das Auschecken wird zum ganz grossen Problem. Die grosse Erlösung folgt erst mit seinem 12. Match-Dart!!!

 

Nach der Partie gibt ein erleichterter Gerwyn Price auch offen zu, dass er noch nie in seinem Leben einen so grossen Druck verspürt habe, wie vor den entscheidenden Darts...